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Das Geflüchtentenlager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist seit Monaten vollkommen überfüllt. Ursprünglich für 3000 Menschen konzipiert, lebten dort zeitweise 20.000 Personen – damit handelt es sich um Europas größte Einrichtung dieser Art.
Die ursprüngliche Funktion des Lagers auf Moria als Erstaufnahme- und Registrierungszentrum mit kurzer Aufenthaltsdauer änderte sich im Frühjahr 2016 mit dem Inkrafttreten des EU-Türkei-Abkommens, seitdem hat das Lager die Funktion eines Verweilzentrums. In jenem Abkommen ist geregelt, dass die Türkei nur Geflüchtete wieder aufnehmen muss, die noch nicht das griechische Festland erreicht haben. Infolgedessen wuchs die Zahl der in Moria lebenden Menschen auf ein Vielfaches der ursprünglichen Kapazität an.
Die medizinische Versorgung der Geflüchteten im Lager Moria ist katastrophal. Zu einem der Hochpunkte der Auslastung im Februar 2020 arbeiteten dort lediglich drei Ärzt*innen, acht Krankenpfleger*innen und zwei Hebammen. Geflüchtete können keine Medikamente über den Staat beziehen und sind für notwendige Untersuchungen und Therapien auf Spenden sowie die Arbeit von Hilfsorganisationen, wie z.B. “Ärzte ohne Grenzen”, angewiesen.
Die unhygienischen Bedingungen in Moria sorgen dafür, dass das Lager eine Hochrisikozone für mögliche COVID-19- Infektionen ist. Ein Wasserhahn kommt dort auf 1300 Menschen. Seife, Toiletten und Duschen sind so gut wie nicht vorhanden und social-distancing praktisch unmöglich. Diese Umstände, sowie zusätzlich die Verhängung einer Ausgangssperre und Aggressionen durch gewalttätige, migrationsfeindliche Demonstrationen haben dafür gesorgt, dass das Leben im Lager Moria neben dem Risiko einer körperlichen Erkrankung ebenfalls erhebliche psychische Belastungen, auch und besonders bei Minderjährigen, verursacht.
Allerspätestens durch das Feuer, welches in der Nacht zum 09. September 2020 im Lager Moria ausbrach und dieses fast vollständig zerstörte, ist es unumgänglich, dass die europäische Staatengemeinschaft den ca. 12.000 Menschen umgehend zur Hilfe kommt.
Deshalb fordert die Fachschaft Medizin Göttingen
von der Bundesregierung:
• ihre Blockadehaltung bezüglich der umfangreichen Aufnahme von
Geflüchteten (insbesondere durch die Bundesländer selbst) aus dem Lager
Moria aufzugeben und die Evakuierung unverzüglich in die Wege zu leiten
• auf europäischer Ebene darauf einzuwirken, dass weitere EU-Staaten sich
zur Aufnahme von Geflüchteten aus dem Lager Moria bereiterklären
vom Bundesland Niedersachsen:
• umfangreiche Aufnahmekapazitäten für Geflüchtete aus dem Lager Moria
bereitzustellen und im Rahmen der Vertretung des Landes beim Bund auf
die Aufnahme von Geflüchteten hinzuwirken
Außerdem begrüßen wir, dass die Stadt Göttingen Aufnahmekapazitäten für Geflüchtete aus Moria zugesagt hat und fordern, diese Zusage vollumfänglich in die Praxis umzusetzen.
Wir sehen unsere Aufgabe als Fachschaft primär in der Vertretung der Studierenden der UMG und äußern uns daher selten zu allgemeinpolitischen Themen. Die Aufnahme der Geflüchteten aus Moria zu deren Schutz vor Obdachlosigkeit und medizinischer Mangelversorgung ist für uns jedoch eine Frage der Menschenwürde.
Göttingen im September 2020
Der FSR Medizin
Wir begrüßen eine sachliche Debatte zu unseren Anliegen und stehen jederzeit gerne für Rückfragen unter fsrmedizin@nullasta.uni-goettingen.de zur Verfügung.
Tim Afting
Fachschaftsrat Medizin Göttingen
Referat Hochschulpolitik 2020
Bildquelle:
https://www.deutschlandfunk.de/brand-im-fluechtlingscamp-moria-dem-feuer-sei-dank.720.de.html?dram:article_id=484027
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